Die niederländische Firma Ebusco, die 2012 in Europa an den Start ging, versprach einst, den europäischen Markt für Elektrobusse mit bahnbrechenden Innovationen zu verändern. Doch nach Jahren des schnellen Wachstums kämpft das Unternehmen inzwischen ums Überleben. Mit sinkenden Aktienwerten, abgesagten Aufträgen und einer angespannten finanziellen Lage hat Ebusco ein Turnaround-Programm ins Leben gerufen. Ziel: die Transformation zu einem reinen Entwicklungsunternehmen (OED – Original Equipment Designer), während die Produktion ausgelagert wird. Wie konnte es so weit kommen? Ein Blick auf die Erfolgsgeschichte, die Herausforderungen und die Pläne zur Rettung.
Aufbaujahre und erste Erfolge
Ebusco wurde mit der Vision gegründet, den öffentlichen Nahverkehr mit emissionsfreien Bussen zu revolutionieren. Anfangs produzierte das Unternehmen seine Busse in Zusammenarbeit mit chinesischen Fertigungsstätten. Der Durchbruch kam mit der Markteinführung des Modells Ebusco 2.2, das dank seiner soliden Leistung in ganz Europa Aufmerksamkeit erregte. Ab 2020 kündigte das Unternehmen jedoch ein noch ambitionierteres Produkt an: den Ebusco 3.0, einen innovativen Leichtbau-Bus, der höhere Reichweiten und Energieeffizienz versprach.
2020: Der Ebusco 3.0 sorgt für Aufsehen
Die offizielle Ankündigung des Ebusco 3.0 im Jahr 2019 schürte hohe Erwartungen. Der Bus war aus leichten Verbundmaterialien gefertigt und mit batterieintegriertem Chassis ausgestattet, um das Gewicht zu reduzieren und die Reichweite zu maximieren. Die ersten Fahrzeuge sollten Anfang 2022 in den Niederlanden in Betrieb gehen. Der Ebusco 3.0 markierte den Übergang des Unternehmens zu eigenentwickelten Modellen und war der erste Schritt, sich langfristig als Technologieführer zu etablieren.
2021: Ebusco geht an die Börse und plant internationale Expansion
Im Oktober 2021 wagte Ebusco den großen Schritt: Die Firma ging an die Börse und wurde an der Euronext Amsterdam gelistet. Mit einem Eröffnungskurs von 23 Euro pro Aktie erreichte das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von 1,6 Milliarden Euro. Die Einnahmen aus dem Börsengang (rund 300 Millionen Euro) sollten in die internationale Expansion und den Ausbau der Produktionskapazitäten fließen.
Wenig später eröffnete der niederländische König offiziell die neue Produktionshalle in Deurne. Diese Fabrik sollte eine Kapazität von 500 emissionsfreien Bussen pro Jahr erreichen. Doch trotz des vielversprechenden Starts begannen bereits hier die ersten Probleme, die sich in den kommenden Jahren verschärfen sollten.
2022: Wachsende Aufträge, aber erste Schwierigkeiten
Das Jahr 2022 war geprägt von einem starken Auftragseingang, darunter Großaufträge für das Bus Rapid Transit (BRT)-System der französischen Stadt Rouen. Auch in den Niederlanden konnte Ebusco mit wichtigen Kunden wie Qbuzz punkten. Das Unternehmen erweiterte seine Produktionskapazitäten und plante, jährlich über 3.000 Busse zu produzieren. Doch die Realität sah anders aus: Steigende Produktionskosten, Lieferkettenprobleme und ineffiziente Produktionsprozesse führten zu Verlusten.
Laut dem Finanzbericht 2022 verzeichnete Ebusco einen Umsatz von 111,6 Millionen Euro (eine Steigerung um 360 % gegenüber 2021) und einen Nettoverlust von 32,2 Millionen Euro. Das Unternehmen kämpfte, den wachsenden Auftragseingang (1.474 Busse Ende 2022) zu erfüllen, aber Produktionsverzögerungen und steigender Druck durch Investoren setzten dem Unternehmen zu.
2023: Der Wendepunkt – Produktionsmodell wird angepasst
Im Frühjahr 2023 kündigte Ebusco eine strategische Neuausrichtung an. Statt alle Busse selbst zu montieren, setzte das Unternehmen auf Fertigungskooperationen mit externen Partnern. Ziel war es, die Produktionskapazitäten zu erhöhen und Kosten zu senken. Doch trotz dieser Maßnahmen verschärften sich die Probleme.
Im Jahr 2023 wurde das Desaster noch grösser. Bei einem gesunkenen Umsatz von 102,4 Millionen Euro erwirtschaftete man einen Nettoverlust von 120,1 Millionen Euro. Da muss man dem Management massive Vorwürfe machen. Der Aktienkurs fiel bis Oktober 2023 auf 5,29 Euro, ein Verlust von –65 % gegenüber dem Vorjahr.
Ebusco machte Lieferkettenprobleme und Fachkräftemangel für die enttäuschenden Ergebnisse verantwortlich. Außerdem wurden Strafzahlungen in Höhe von 10,4 Millionen Euro fällig, da Liefertermine nicht eingehalten wurden.
2024: Ebusco droht die Insolvenz
Das Jahr 2024 begann mit weiteren finanziellen Schwierigkeiten. Im Juni 2024 gab das Unternehmen bekannt, dass die ursprüngliche Umsatzprognose von 325 Millionen Euro für das Jahr nicht erreichbar sei. Im Oktober 2024 kam es zum Höhepunkt der Krise, als der Großkunde Qbuzz eine Bestellung über 45 Busse stornierte. Ein Gericht entschied, dass Ebusco gegen vertragliche Vereinbarungen verstoßen hatte. Die Stornierung setzte die Liquidität des Unternehmens weiter unter Druck.
Ebusco sah sich gezwungen, 36 Millionen Euro durch eine Kapitalerhöhung aufzubringen. Gleichzeitig trat der Gründer Peter Bijvelds als CEO zurück, und Christian Schreyer übernahm die Unternehmensführung. Schreyer, der zuvor leitende Positionen bei der Go-Ahead Group und Transdev innehatte, wurde beauftragt, ein radikales Restrukturierungsprogramm umzusetzen.
Turnaround-Plan: Ebusco’s letzte Chance
Schreyer stellte im November 2024 seinen Plan vor, der die Rückkehr zur Profitabilität ermöglichen soll. Wesentliche Punkte:
Wenn diese Pläne genauso gut umgesetzt werden wie alle vorherigen dann kann man Unternehmen getrost abschreiben.
Fazit: Ein Wettlauf gegen die Zeit
Ebusco kämpft weiterhin mit erheblichen finanziellen Schwierigkeiten, aber es gibt noch Hoffnung. Mit neuen strategischen Partnern und einer klaren Neuausrichtung könnte das Unternehmen den Turnaround schaffen. Doch die Herausforderungen sind groß, und die Konkurrenz schläft nicht. Wenn Ebusco den Plan konsequent umsetzt, hat es möglicherweise eine Chance, sich als stabiler Anbieter auf dem europäischen Markt zu etablieren. Ein Markt, den es einst zu revolutionieren versprach.