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Schick in Schale

Für die Marke MAN zeigt ein Kundenfahrzeug aus Nürnberg mit tollem Outfit Flagge, der MAN von der VAG ist gut in Form. Weil das Fahrzeug keine Werksbetreuung genießt, schauen wir vor allem auf die Grundtugenden des MAN-Gelenkzugs.

Hier ist erst mal eine Erklärung fällig. Weil MAN in Ermangelung eines geeigneten Testfahrzeugs die Teilnahme abgesagt hatte, sprang kurzfristig die VAG Nürnberg in die Bresche. Pünktlich zu Testbeginn fuhr ein gut eingefahrener Lion´s City E-Gelenkzug auf den Bonner Betriebshof – auf eigener Achse von Nürnberg nach Bonn, was ja für eine ordentliche Reichweite des Fabrikats spricht. Die Erklärung für dieses Vorgehen liefert der MAN-Pressesprecher nach: Zum Modelljahr 2025 sind Neuerungen geplant, deshalb wolle man zu diesem Zeitpunkt mit keinem Fahrzeug (mit „alter“ Technik) mehr antreten – was ja auch verständlich ist.

Deshalb finden wir bei unserer statischen Inspektion auch keine neuen Details. Wie immer gefällt das Design, und zwar innen und außen, der in Polen gefertigte Nürnberger macht einen sorgfältig gebauten und ebenso gepflegten Eindruck. Der MAN ist kein Leichtathlet, mit gut 21 Tonnen Leergewicht gibt er sich auf der Straße gattungstypisch wenig leichtfüßig. Die acht NMC-Batteriemodule mit insgesamt 640 kWh werden samt Hochvolttechnik komplett auf dem Dach montiert, so kann der Innenraum ohne „Motor“-Turm gestaltet werden. Der MAN-Gelenkzug fährt traditionell mit kürzerem Radstand vorn und längerem Schubwagenteil hinten vor. Was ihm einen kleineren Wendekreis beschert, und da und dort im Verkehr kleine Handlingsvorteile. Aber auf den ondulierten Fahrbahnen in Bonn wird der kürzere Vorderwagen immer wieder zu spürbaren Nickschwingungen angeregt. 

Beim aktuellen Elektro-Gelenkbus setzt MAN noch auf zwei PSM-Zentralmotoren, die vor der Mittelachse und hinter der dritten Achse sitzen. Mit zwei mal 240 Kilowatt (kW) Spitzenleistung ist der 18 Meter lange Lion´s City E nominell üppig bestückt. Der Motor stammt aus dem Konzernbaukasten und findet auch bei anderen Konzernschwestern Verwendung. Allerdings sind antriebsseitig bereits Änderungen angekündigt: Demnächst wollen die Strategen in ihre Lion´s Cities die brandneue ZF-Elektroachse integrieren, die vor allem Bauraumvorteile verspricht.

Präzise Fahreigenschaften

Im hauseigenen und doch VDV-kompatiblen Cockpit fühlt man sich gut integriert, auch an der Übersicht gibt es nichts auszusetzen. Relativ viele Schalter sind auf die Schnelle zu erlernen, das Lenkrad (und der Instrumententräger) lässt sich für alle Chauffeur-Größen sehr individuell einstellen. Die Lenkung ist Spitze, leichtgängig und doch mitteilsam, auf jeden Fall spurgenau. Und so liegt der MAN satt auf der Straße und wankt in Kurven nur wenig, und hier die Kehrseite: Er reicht die sportliche Härte seines Fahrwerks-Setups durchaus spürbar an seine Fahrgäste weiter. Trotz der aufwändigen PCV-Dämpfer knallt er immer wieder über Querfugen und Fahrbahnschäden, der Flickenteppich auf der Teststrecke legt unbarmherzig die Fahrwerksschwächen bloß. Die Karosserieresonanzen halten sich dennoch in moderaten Grenzen, was für eine robuste Konstitution spricht. Wir hätten auch mehr Längsdynamik erwartet, schließlich legen hier zwei kräftige Elektromotoren los. Die schieben aber eher träge und lustlos aus der Haltestelle und wenn das Gelenk selbst kleinste Winkel meldet, wird das Drehmoment massiv reduziert. Die Art, wie der MAN rekuperiert, gefällt uns wieder. Der Gelenkzug rollt fein und verzögert per Pedal sehr berechenbar. Die Radbremsen packen erst recht spät und dann auch zu bissig zu, das könnte auch am Verschleiß und der Wartung liegen. Zuletzt ärgern wir uns wieder über die MAN-typische Verzögerung an den fummeligen Türschaltern, die gern ein zweites Mal betätigt werden wollen. 

Unser Fazit

Licht und etwas Schattenwurf also, denn eigentlich haben wir uns mit dem MAN schnell angefreundet. Er fährt gediegen, wenngleich etwas zu steifbeinig. Wie wärs mit einem Schuss Harmonie, beim Fahrkomfort und mit etwas Leistungsfreude? Vielleicht dann bei der kommenden Modellpflege, wenn es einen neuen Antrieb gibt. Dann wird der Lion´s City wohl auch an Pantografen laden können und neue Sicherheitsassistenten erhalten -  das Fahrzeug der VAG war noch nicht auf dem letzten Stand.