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Wir spielen Gelenkbus-Quartett

Großer Showdown bei den Stadtwerken in Bonn: Zum alljährlichen Elektrobus-Vergleich haben die Veranstalter die Hersteller von Gelenkbussen geladen. Vier gingen an den Start, andere haben gekniffen. Flankiert wurden die Großraumbusse von Produktneuheiten aus der Ebus-Branche. Für uns und für Sie, eine hochwillkommene Gelegenheit, für etwas Überblick und Transparenz zu sorgen. 

Regelmäßige Teilnehmer an den Elektrobus-Vergleichstests in Bonn werden es bestätigen. Was mal klein und bescheiden als Testfahrten befreundeter Journalisten begann, hat sich heute zu einem erstrangigen Omnibus-Branchentreff von internationalem Rang entwickelt. Hier tummeln sich Fahrzeug- und Komponentenhersteller, da diskutieren und testen neben Fachjournalisten auch kompetente Vertreter von Verkehrsbetrieben. Geladen und organisiert hatten wie immer die Kollegen von Omnibusspiegel und Busmagazin, die Bonner Verkehrsbetriebe (SWB) unterstützten die einwöchige Veranstaltung gewohnt tatkräftig. 

Die Omnibusindustrie sortiert sich neu

Für 2024 hatte das Organisationsteam auf die Fahrzeugkategorie „Elektro-Gelenkbusse“ fokussiert. Denn „…mehr Großraumbusse braucht das Land“, fordern die Strategen der städtischen Verkehrsbetriebe einhellig und verweisen auf die meist zu knappe Beförderungskapazität. Wenn möglich, sollen sie heute elektrisch angetrieben werden, denn schon bald sollen, so fordert es jedenfalls die EU, die Stadtbusse ohne CO2-Emissionen fahren. Das Angebot an lokal emissionsfreien Omnibussen wächst derweil stetig, wenngleich sich auch einige Hersteller aus dem Stadtbusgeschäft verabschiedet haben. Zuerst Volvo, dann Scania, die beiden schwedischen Anbieter konzentrieren sich international nur noch auf das Chassisgeschäft. Mit der Konsequenz, dass beide Marken hierzulande keine Stadtbusse mehr vertreiben. Auch der belgische Omnibusbauer Van Hool hat die Segel gestrichen, nach seiner Insolvenz hat der niederländische Konkurrent VDL die Omnibusaktivitäten übernommen. Der aber hat sich aber vermutlich mit der Einführung einer neuen Stadtbusgeneration und der Errichtung einer neuen Fertigungsstätte ein wenig verhoben. Denn bei der Auslieferung der zahlreichen bestellten Citea-Elektrobusse liegen die Niederländer mittlerweile meilenweit hinter ihren Planungen. 

Deshalb nahmen sie wohl am Test in Bonn auch nicht teil. Die großen Anbieter wie Mercedes-Benz und Solaris ließen sich nicht lange bitten, für MAN ging ein Fahrzeug der VAG Nürnberg an den Start. Besondere Aufmerksamkeit genoss der neue Ebusco-Gelenkzug aus der Baureihe 3.0, der mit seiner innovativen Leichtbauweise bei den Teilnehmern Vorschusslorbeeren einheimste. Gern hätten wir natürlich auch einen Gelenkbus von BYD getestet, doch der chinesische Weltmarktführer wollte sich auch diesmal nicht den etablierten Wettbewerbern stellen. Und dennoch, mit Blick auf die realen Marktverhältnisse, fuhren hier die wichtigsten Vertreter der Angebotsseite vor, die für das Testspektakel in Bonn weder Mühen noch Kosten gescheut haben.

Depotlader gefragt

Und was ist neu, gibt es neue Trends? Unisono bevorzugen die Verkehrsbetriebe das Laden im Depot, die deutlich gewachsenen Reichweiten der Batterien geben das her. Das Zauberwort heißt Energiedichte, bei gleichbleibendem Gewicht legen die Batterien an verfügbarer Kapazität zu. Zu sehen und zu erleben beispielsweise beim eCitaro von Mercedes-Benz mit neuen NMC-3-Batterien, der elektrische Gelenkbus mit Stern kann bis zu sieben Batteriemodule mit 686 Kilowattstunden (kWh) schultern. Wobei wir uns wundern, dass man bei DaimlerTruck in Sachen Zelltechnologie zweigleisig fährt: Die neuen eTrucks werden jetzt mit LFP-Batterien aus chinesischer Provenienz bestückt, bei den Bussen setzt der Konzern weiterhin auf NMC-Technologie von Akasol/Borg Warner. Unser Solaris-Testfahrzeug ist in unserem Vergleich der Reichweitenkönig: Mit 800 kWh soll der Urbino 18 Electric sogar 600 Kilometer weit kommen. Damit löst der Solaris den MAN-Gelenkzug an der Spitze ab, zumindest vorerst. Bei den Münchner Elektrobussen bleibt batterieseitig alles wie gehabt, wir rechnen später im Jahr mit weiteren Neuerungen.

Ohne Verbrauchsmessung

Weil ein einheitlicher Ladeprozess und die Erfassung von Ladeverlusten für mehrere Elektrofahrzeuge nicht gesichert darstellbar waren, haben wir uns gegen eine Energieverbrauchsmessung entschieden. Schwierigkeiten hätte auch eine praxisnahe und vergleichbare Ballastierung bedeutet, ohne die verlöre eine Messung des Verbrauchs jegliche Aussagekraft. Apropos Heizung und Klimatisierung: Diesmal waren wir bei moderat frühlingshaften Temperaturen um 18 Grad unterwegs, wir benötigten weder Heizung noch Klimageräte.

Im Mittelpunkt steht natürlich die Verkostung auf einer rund 15 Kilometer langen Testrunde. Jeder Fahrer fährt jedes Fahrzeug unter Einhaltung aller 20 Haltestellenstopps und anschließend als Fahrgast mit. Eine Runde mit guten und zügigen Passagen, garniert mit Schlaglochabschnitten, sowie mit ansteigenden und abfallenden Straßen. Wir reihen uns zwischen die regulären Kursfahrten ein, wartende Fahrgäste müssen wir leider enttäuschen. Neben den Fahrversuchen wird gewogen, nachgeladen, statisch vermessen, die Geräuschkulisse analysiert. Und nicht zuletzt rollen die Testkandidaten in die SWB-Werkstatt, wo ein Kompetenzteam die Praktikabilität des Fahrzeugkonzepts beurteilt.

Jetzt, nach Abschluss der Testtage wissen wir mehr. Alle geprüften Fahrzeuge machen im Fahrbetrieb eine gute Figur, glänzen hier mehr und dort weniger. Weil einige der Omnibusse als Kundenfahrzeuge konzipiert wurden, schauen wir zuerst auf die Grundtugenden und verzeihen lässliche Sünden. Dennoch halten wir mit unserer Meinung nicht hinter dem Berg. Und wenn mancher Leser unseren Ansichten und Urteilen nicht zustimmen möchte, schreiben Sie uns bitte. Lassen Sie uns an Ihren Erfahrungen teilhaben, wir freuen auf die Diskussion mit Ihnen.