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Testbericht Setra S 515

10 Jahre ist dieser Setra-Typ jetzt auf dem Markt, nach einer Modellpflege soll er die zweite Hälfte seines Produktlebens bestreiten. Wie gut ist die ComfortClass heute, möchten wir wissen. Steigen Sie mit uns ein, dem Setra S 515 wird bei dieser Tour nichts geschenkt.

Gerade eben ging der 10.000ste Setra der Baureihe 500 in die Hände seines Kunden über. Eine stolze Zahl nach 10 Jahren Bauzeit, die auch zeigt, dass die Markenstrategen mit ihren Einschätzungen richtig lagen. Der Großteil der Fahrzeuge waren nämlich ComfortClass-Omnibusse, die sich nach der Pandemie-Delle wieder einer regen Nachfrage erfreuen. Das Paket für die Kunden stimmt: Ein zurückhaltendes Design, gewürzt mit einer Prise Avantgarde, dazu hochwertige Großserientechnik, auf die unbedingt Verlass ist. Und natürlich eine große Ausstattungsvielfalt, die den Kunden die gewünschte Individualisierung möglich macht. Und nicht zuletzt bleibt eine breite Palette an Lackierungen, um die ComfortClass zum Hingucker zu machen.

Und da reiht sich unser Testfahrzeug ein. Mit „Denimblue-metallic“ sieht der Zweiachser wirklich umwerfend aus. Das bestätigen auch einige Passanten, die uns an den Foto-Locations ansprechen. Gerade in Zeiten, da die gängigen Pkw heute überwiegend in Silber, Weiß, Grau oder Schwarz auf den Straßen rollen, hebt sich ein originell lackierter Reisebus aus der Meute der Fahrzeuge wohltuend ab. Über das erfolgte Facelift braucht es nicht viele Worte, interessant ist das Bekenntnis zur Markenhistorie: Neben den „K“-Zeichen an Radkappen und Lenkrad ziert jetzt auch eine „K“-Plakette die Front, wenngleich etwas verschämt als Miniatur – als Gegenstück zum Stern, den die Konzernkollegen stolz tragen. Fest steht aber: Der Kunde kann sich mit dem Setra sehen lassen - wer auf sich hält, fährt Setra.

Jetzt mit enormen Nutzlastreserven

Gelungene Optik reicht im Alltag nicht, der Setra-Hochdecker muss alle Disziplinen beherrschen. Stadtrundfahrt, Flughafen-Transfers, Tagesausflüge und die Langstrecke, auch im Fernlinienverkehr spielen ComfortClass-Fahrzeuge (CC) eine gute Rolle. Getestet wird mit vollbesetztem Bus, 40 Wasserpuppen vertreten die Fahrgäste und stellen einen realistischen Fahrzeugschwerpunkt sicher. Toilette und Wassertanks sind befüllt, vor Testbeginn werden Kraftstoff und Adblue-Behälter bis zum Rand befüllt. Auf der Waage dann das Aha-Erlebnis: Vollbeladen und betankt gehen wir mit 17.320 kg an den Start, nach der Modellpflege hat der CC-Setra mit 19,5 t zulässigem Gesamtgewicht erhebliche Nutzlastreserven. Gut zu wissen, selbst unter voller Auslastung und großem Gepäck gerätt der Neu-Ulmer nicht an seine Grenzen.

Beim Einsteigen registrieren wir die regelmäßige Stufung, und ja, an der Mitteltür dürfte der Durchstieg gern ein wenig breiter sein. Nichts ändert sich an Mittelgang und Stehhöhe, nach wie vor vermissen wir den ebenen Innenboden. Es bleibt bei 8,5 Kubikmeter Gepäckraum, nicht eben riesig, vor allem der rechtsseitige Kofferraum hinter der schmalen Klappe füllt sich schnell. Die Türen öffnen und schließen prompt, das freut den Transfer- und Kurzstreckenfahrer. Fahrer jeder Größe sehen gut nach vorn, zur Seite und über die Spiegel nach hinten, die optionale Rückfahrkamera ist auf jeden Fall zu empfehlen. Und selbst wer den CC-Setra noch nicht kennt, kommt schnell ohne große Einweisung zurecht. Auch wenn man dann speziellen Fähigkeiten des Setra nicht nutzen kann. Jetzt aber los, den Getriebewählschalter am Lenkrad auf D gedreht, schon rollt der blaue Zweiachser an. Der Setra reagiert leicht verzögert auf den Fahrbefehl, leicht schaumgebremst und wenig spontan. Wobei die objektiven Messwerte dem subjektiven Eindruck widersprechen, weniger als 42 Sekunden braucht der voll beladene Setra aus dem Stillstand auf Tempo 100. Allerdings attestieren wir dem Antriebsstrang eine höchst kultivierte Arbeitsweise, wobei wir die Leerlaufgeräusche neben dem Bus ziemlich lärmig finden.

Omnibusfeine Fahrwerksabstimmung

Tagesausflüge sind für den S515 HD eine kleine Fingerübung. Die Fahrgäste sitzen nämlich gut und eine passende Temperatur im Innenraum regelt das System rasch. Allerdings anfänglich mit kräftigem Gebläsefauchen, dann wird es bis in die letzte Sitzreihe leise. Gelassen überrollt das Fahrwerk auf Nebenstrecken wellige Fahrbahnen und Schlaglochetappen, ohne zu wanken oder zu wippen. Und wenn der Setra über schlecht versenkte Gullydeckel muss, merkt man die neue Qualität der Vorderachse. Die neue Doppelquerlenker-Achse mit breiterer Dämpferspur spricht feinfühliger an, sie stemmt im Bedarfsfall jetzt acht Tonnen und hält den 3,80 m hohen Reisebus auch in Kurven ziemlich präzise auf Kurs. Nur wenn es der Fahrer übertreibt, greift das ESP-System ein. Zuerst unmerklich sanft, die Elektronik verweigert den Gasbefehl. Und wenn das nicht reicht, mit Einzelradbremsungen und mit Nachdruck.

Lange Distanzen verlangen nach Effizienz, die ist auch eine Frage von Leistung und Kosten. Und da reden wir zuerst über den Antrieb, über den Reihensechser-Diesel im Heck und das Getriebe. Geräuschgekapselt im Heck sitzt der knapp 11 Liter große OM 470, der mittlerweile einige Überarbeitungen erfahren hat. Höhere Zünddrücke etwa und veränderte Ladezyklen, die zwar weder das Maximalmoment und die Nennleistung verändern. Aber der Motor tritt kräftiger an und mobilisiert bereits bei 1.600 Touren alle 456 Pferde. Allerdings nur im „Dynamic“-Modus des Powershift-Getriebes, sonst hält sich der Diesel eher zurück. Normal fährt man im „A“ – wie Automatik-Modus, da kommt weniger Freude auf. Da dauern Schaltungen einen Tick länger, da verhungert man beim Beschleunigen und fragt sich, wo die 456 Pferdestärken bleiben. Nein, und das sagen nicht nur wir, das Powershift-Achtganggetriebe ist kein Glanzstück. Wobei, wenn man auf der Autobahn dahinrollt, stört es wenig – am nächsten Berg fällt man zurück, wenn man den PPC-Tempomat nicht per Kickdown überspielt. So haben wir es praktiziert und sind damit gut gefahren, der Autobahnverbrauch (siehe Messwerte) kann sich sehen lassen. Was wiederum für den Setra spricht, der das Thema „Langstrecke“ wirklich beherrscht.

Mehr Komfort mit Verstellkopfstützen

Die Fahrgäste bekommen von der flotten Fahrt nur wenig mit. So soll es auch sein, der Hochdecker aus Neu-Ulm bietet akustischen Komfort der Extraklasse. Kaum mehr als ein peripheres Wummern aus dem Unterdeck begleitet die gelegentlichen Volllastaktionen. Bezeichnend dabei, dass die schon dezenten Windgeräusche an der Front mehr Schalldruck erzeugen als die Antriebsgeräusche im Heck. Das sehr harmonische Fahrwerk haben wir bereits gelobt, da gibt es auch auf langen Distanzen nichts zu beanstanden. Wo wir ein Haar in der Suppe sehen: Die zu kurzen Rückenlehnen der sonst hochwertigen Voyage-Sitze beeinträchtigen den Komfort, zumindest großgewachsene Fahrgäste können langen Fahrstrecken keine entspannte Sitz-Liege-Position finden. Hier empfehlen wir unbedingt, nicht die verstellbaren Kopfstützen einzusparen. 

Auch das Fahrpersonal sollte da nicht zurückstehen. Es sitzt in einem attraktiven Cockpit mit großzügigen Platzverhältnissen, die meisten Funktionen und Schalter sind schnell erlernt. Schnell freundet man sich mit der elektronischen Parkbremse an, die das Bergauf-Anfahren ohne Rückroll-Sorge perfekt beherrscht. Übers Lenkrad wird der Tempomat gesteuert, auf Wunsch mit ART (Abstandsregeltempomat), aber immer mit PPC (Preventive Powertrain Control). Gemeinsam mit dem Active Drive Assist 2 soll er sogar auf Landstraßen selbständig das Tempo regeln und dabei Kraftstoff sparen. Keine gute Idee, meinen wir, das System brettert nämlich auch auf entgegenkommende Fahrzeuge zu, die es nicht sieht, und auf Baustellen, die es nicht kennt. Solche Aktionen enden mit hektischen Fummeleien, die vom Verkehrsgeschehen ablenken.

Der Setra verfügt über die modernsten Sicherheitssysteme, Daumen hoch. Sehr gut finden wir den Abbiegeassistenten, der vor allem im städtischen Verkehrsgewusel hilfreich ist. Der Active Drive Assist kann sogar die Spurführung übernehmen, er soll damit den Fahrer entlasten. Wir haben es in verschiedenen Fahrsituationen ausprobiert, auf breiten Autobahnen und auf Landstraßen. Und haben dann gern die elektronische Hilfeleistung wieder abgeschaltet. Denn gerade auf Bundes- und Landstraßen zupft sie permanent am Lenkrad und hat uns jedenfalls eher verunsichert als entspannt. 

Kalkulatorisch betrachtet

Mit 385.000 Euro schlägt der gut ausgestattete Zweiachser zu Buche, da muss der CC-Setra fleißig Kilometer schrubben, damit er sich amortisiert. Ein Premiumprodukt eben, das hat seinen Preis. Dafür bekommt der Kunde einen Reiseomnibus mit vielseitigen Talenten, der seine Fahrgäste zufriedenstellt. Technologisch gesehen ist der Setra Spitze, man bekommt ihn fein möbliert und fast immer so, wie man ihn haben möchte. Der geringe Kraftstoffverbrauch ist hiermit belegt, er leistet seinen Beitrag zu geringen variablen Kosten. Ein besonderes Kapitel ist der hohe Sicherheitsstandard der ComfortClass, auch wenn wir Stand heute nicht allen elektronischen Hilfskräften applaudieren. 


Setra S 515 HD

Technische Daten, Maße und Gewichte 

Motor:

Reihensechszylinder-Motor OM 470, stehend im Heck, einteiliger Zylinderkopf, 2 obenliegende Nockenwellen, 4 Ventile pro Zylinder, Turbolader und Ladeluftkühlung, elektronisch gesteuerte Common-Rail-Hochdruckeinspritzung, abgasarm nach Euro VI/E mit AGR, SCR-Abgasnachbehandlung und Partikelfilter.

Hubraum                                 10.677 cm³

Nennleistung                           335 kW/456 PS bei 1.600 /min

Maximales Drehmoment        2.100 Nm bei 1.100/min


Kraftübertragung

Automatisiertes Achtgang-Getriebe GO 250-8 Powershift, Übersetzungen i = 6,57 – 0,63, einfach untersetzte Hinterachse, i = 3,583. Tempo 100 bei 1.189/min

Fahrwerk

Luftfederanlage mit elektronisch geregelter Fahrwerkregulierung durch Wegsensoren; vorne Einzelradaufhängung ZF RL 82 E mit Doppelquerlenkern und zwei Luftbälgen, zwei Stoßdämpfern und Stabilisator, max. Achslast 8,0 t; hinten starre Antriebsachse RO 440, vier Luftbälge, vier wegabhängige Stoßdämpfer, Stabilisator, max. Achslast 13 t; Reifen 295/80 R 22,5.

Bremsanlage, Sicherheitssysteme

Elektronisch geregelte Zweikreis-Druckluftbremsanlage (EBS), an beiden Achsen innenbelüftete Scheibenbremsen (Knorr-Bremse), Dauerbremse Voith-Wasserretarder plus Motorbremse, ABS und ASR integriert, ESP (Elektronisches Stabilitätsprogramm) und Bremsassistent, Assistenzsysteme ART, ABA5, SPA, ADA 2, SGA, PPS, FCG, DBL.

Lenkung

Bosch-Kugelmutterlenkung Typ Servocom 8098, Übersetzung variabel 17,0 – 21,0, Lenksäule in Höhe und Neigung pneumatisch verstellbar.

Heizung/Lüftung/Klima

Vollautomatisch geregelte kombinierte Heizungs-/Lüftungs-Dachklimaanlage EvoCool Basic, Kälteleistung 33 kW, Heizleistung 45 kW, Konvektoren-Warmwasserheizung mit 12 kW Leistung, Bugheizgerät 18 kW; Standheizung Valeo, Belüftung mit Frisch- und Umluft, Luftentnahme über Dachaufbau, Verteilung über zwei Dachkanäle über einstellbare Düsen, zu den Seitenfenstern und zum Mittelgang, separate Fahrerplatz-Klimatisierung. Elektrisch betätigte Dachluken, Klimakompressor motorfest. 

Elektrische Anlage

Bordspannung 24 Volt, diagnosefähiges CAN-Bus-System, 3 Drehstromlichtmaschinen a 150 A, Batterien 2 x 12 V/225 AH; Wechselrichter für 220 V, 2300 W. 

Maße und Gewichte

Länge/Breite/Höhe                                         12.295/2.550/3.770 mm

Radstand                                                         6.090 mm

Vorderer/hinterer Überhang                          2.890/3.315mm

Wendekreis                                                     21.256 mm

Stehhöhe innen                                               2.100 mm

Kofferraumvolumen                                       max. 8,5 m³ (mit Toilette)

Kraftstofftank                                                  475 l

Adbluetank                                                       40 l

Leergewicht                                                    ca. 13.330 kg

Testgewicht                                                     17.320 kg

Zulässiges Gesamtgewicht                              19.500 kg

Fahrgastkapazität

Sitzplätze                                                         44 + 1 + 2

Preis

Testwagen                                                       385.000,00 Euro 

Die Messwerte

Testbedingungen:                                           19 - 32 ° C, Straßen, Wind

Gefahrene Kilometer:                                     425 km

Durchschnittlicher Kraftstoffverbrauch          24,73 l/100 km


Kraftstoffverbrauch der einzelnen Etappen


Konstantverbrauch bei 80 km/h

13,6 l/100 km

Konstantverbrauch bei 100 km/h

20,0 l/100 km

Autobahn mittelschwer                                  20,14 l/100 km Durchschnittsgeschwindigkeit                                                                       bei 91,37 km/h

Landstraße                                                      26,14 l/100 km Durchschnittsgeschwindigkeit                                                                       bei 66,18 km/h

Bergwertung (durchschn. 10 % Steigung)      159,19 l/100 km Durchschnittsgeschwindigkeit                                                                     bei 59,56 km/h


Fahrdynamik

Beschleunigung 0 – 50/60/80/100 km/h        16,7/19,1/29,3/41,6 s

Innengeräusche in dB(A)                               

80 km/h Front/Mitte/Heck                             57,8/59,5/57,7            

100 km/h in dB(A)                                           61,3/62,4/60,8 


Testbewertung auf einen Blick

Setra S 515 HD

Antrieb

+ durchzugsstarker Sechszylinder-Diesel

+ verbrauchsoptimierter Antriebsstrang

++ sehr genügsamer Kraftstoffverbrauch

-+ nur befriedigende Fahrleistungen im „Auto“-Modus 

Fahreigenschaften

++ sehr sicheres Fahrverhalten mit hoher Komfortnote

Sicherheit

+ moderne Bremsanlage

++ bärenstarker, feinfühlig regelbarer Wasserretarder 

++ vorbildliche Ausstattung mit Sicherheitsystemen: ESP, Bremsassistent, DBL und Front Collision Guard serienmäßig, lieferbar mit ART, ABA5 (Notbremsassistent!), SPA, Side Guard Assist und Attention Assist

+ LED-Licht mit guter Fahrbahnausleuchtung

Fahrgastkomfort

++ sehr feiner Fahrgastkomfort (Federung, Heizung/Lüftung/Klima, 31,5-Zoll-Bildschirme)

++ sehr leise Geräuschkulisse

- Rückenlehne der Voyage-Fahrgastsitze zu kurz

Fahrerarbeitsplatz

+ übersichtlich modernes Cockpit mit optimierter Ergonomie

++ sehr gute Übersicht, Umfeldbeleuchtung fürs Rückwärtsfahren

+ ausreichend große und kleine Ablagen