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Interview mit Lucian @busfahrer.lucian

Stell dich bitte kurz vor und erzähl uns wie du zum Busfahren gekommen bist!

Hallo an alle Leserinnen und Leser!
Mein Name ist Lucian Berndt, Baujahr 2000 und aktuell noch die letzten Wochen in der Ausbildung zum Berufskraftfahrer bei der DB Regio-Tochterfirma "Südbadenbus" im schönen Südschwarzwald. Mein Berufswunsch war, solange ich denken kann immer Lokführer. Doch leider kam dann beim Bahn Arzt eine minimale Grünschwäche, ein Ausschluss Kriterium, ans Licht. Dann dachte ich mir: Gut, große Fahrzeuge und die Verantwortung für viele Menschenleben kannste auch woanders haben, bewirbst du dich halt mal für die Ausbildung zum Busfahrer - und was soll ich sagen, es ist inzwischen mein absoluter Traumberuf!

Was schätzt du an deinem Alltag als Busfahrer besonders und was würdest du gerne ändern?

Ich liebe die Abwechslung in diesem Beruf! Durch die wechselnden Schichten ist man zu jeder Tageszeit unterwegs, bei jedem Wetter, hat mit Menschen aus nahezu allen Gesellschaftsschichten zu tun und erlebt das gesamte Umfeld über einen langen Zeitraum. Ob das Landschaft und Architektur ist, die sich wandelt durch die Jahreszeiten und neue Baustellen, oder ob es Menschen sind, die man oft sieht und auf ihrem täglichen Schul-/Arbeitsweg begleitet.
Ändern würde ich in manchen seltenen Fällen die Stimmung gegenüber dem Fahrpersonal in Situationen, in denen das Fahrpersonal nichts dafür kann. Beispielsweise wenn die Klimaanlage ausfällt oder man verkehrsbedingt mit Verspätung an der Haltestelle ankommt. Da wäre etwas Nachsicht nötig in manchen Fällen. Aber ich erlebe unzählbar viel mehr positive Fälle als diese paar wenigen Negativen. Und die hat man nach sehr kurzer Zeit sowieso wieder vergessen ;)

Welchen Bus fährst du aktuell und was sind aus deiner Sicht Vor- und Nachteile des Fahrzeuges?

Da wir im Betrieb wechselnde Schichten und eine große Auswahl verschiedener Busse diverser Hersteller haben, habe ich keinen festen Stammbus. Wir haben bzw. hatten zum Beispiel folgende Busse:

 SETRA: S415 UL, S417 UL, S419UL
 MAN: 12C, 18C, A20, A23, A76
 IVECO: Crossway LE
 EVOBUS: - O530 Citaro Facelift: K, LE Ü, G. - Citaro2: K, LE Ü, G sowie diverse Sprinter. 

Am liebsten fahre ich die MAN Modelle 18C und seinen Vorgänger, den A23, da ich am liebsten Gelenkbus fahre und ich einfach am besten mit dem Handling der MAN Fahrzeuge klarkomme. Negativ zu sagen sind bei den 18C Modellen ab und zu Kinderkrankheiten an den Türen und beim A23 die sehr früh anspringende Knickschutzwarnung. Aber ansonsten fahren sie sich alle sehr sehr angenehm.

Auf welchen Linien bist du unterwegs und welcher Dienst (Zeit oder Route) ist dir am liebsten?

Wir bedienen hauptsächlich in den Tarifgebieten VSB, VVR und RVF viele Überlandlinien, wobei mir davon am besten die Linien gefallen, die auf schmalen Bergstraßen durch den Schwarzwald führen und viele Höhenmeter überwinden. Außerdem bin ich ein Fan von Linien in abgelegene Täler mit nur 2 Fahrten am Tag sowie von Linien mit langer Fahrtzeit.

Tagtäglich im Straßenverkehr unterwegs zu sein, führt oft zu stressigen Situationen - wie entspannst du nach einem anstrengenden Arbeitstag am liebsten?

Den Stress, den man täglich aufgrund des Fahrplans erlebt, ist in unserer Firma auf den meisten Linien gar nicht gegeben, da im Überlandbereich kaum Hindernisse, Staus etc. wie im Großstadtverkehr auftreten können. Aber egal wie stressig der Tag war, am besten entspanne ich zuhause bei meiner Freundin und unserem Kleinen ♡. An manchen Tagen hilft dann auch nur noch eine Massage, obwohl ich den Fahrerarbeitsplatz natürlich sehr ergonomisch einstelle.

Aktuell werden auf vielen Linien Elektro- und Wasserstoff- und Hybridbusse getestet, bist du schon mal in so einem Bus gefahren und wie stehst du generell zu dem Thema emissionsfreier ÖPNV?

Leider bin ich noch nie einen Bus mit alternativem Antrieb im Liniendienst gefahren. Mein Standpunkt zu alternativen Antrieben: Machen, und zwar schneller als es aktuell gemacht wird! Die Technik ist vorhanden für die meisten Einsatzgebiete, es mangelt aber trotz teils sehr guter Förderung am Willen, der Bereitschaft, vieler Unternehmen, vom klassischen Verbrenner abzuweichen. Wir müssen handeln, solange wir noch handeln können. Ich weiß, dass das Thema "Elektromobilität" sehr zwiespältig von einigen angesehen wird und es immer zu hitzigen Diskussionen kommt. Die bringen uns aber auch nicht weiter, wenn fossile Energieträger knapp werden, die Temperatur zu stark steigt oder uns das Wasser bis zur Stirn steht. Die Technik ist wie gesagt vorhanden, wird in einigen anderen Ländern bereits ausgiebig genutzt und kann sich auch nur bei regerem Interesse fortentwickeln.

Noch ein sehr wichtiger Punkt ist der starke Fachkräfte- und insbesondere Fahrermangel. Was ist deine Message an junge Menschen, die sich überlegen Busfahrer zu werden, und welchen Apell hast du an Unternehmer, die es schwer haben Fahrer zu finden?

Hier kann ich mich nur aus der letzten Frage wiederholen: Machen! Versucht es, wenn es nichts ist, habt ihr es wenigstens versucht, andernfalls macht man sich später nur Vorwürfe, dass man es nicht gemacht hat. Die Bedingungen könnten natürlich besser sein, aber das können sie in vielen anderen Berufen auch. Und da es mehrere Wege gibt, den Busführerschein zu erlangen und man keinerlei Voraussetzungen wie Abi, Studium oder sonst was vorlegen muss (Ärztliche Untersuchung natürlich schon, logisch), gibt es kaum Hürden. Um den Führerschein zu erlangen kann man ihn entweder selbst zahlen, eine Ausbildung wie ich machen (3 Jahre gehen sowieso schnell vorbei) oder man geht über das Arbeitsamt mit einer Umschulung, was auch kein Problem ist.
Tipp für Unternehmer: Auch wenn ihr euch an Mindeststandards haltet, die durch Landestarifverträge vorgegeben sind - kann das reichen? Würdet ihr für den Lohn selbst bei euch arbeiten wollen? Was fehlt unter Umständen noch, wie zum Beispiel Mitarbeiterausflüge, Mitarbeiterfeste, Vergünstigungen oder Gutscheine für die Mitarbeiter bei lokalen Händlern etc.? Und falls die Ideen ausgehen könnten eventuell Mitarbeiterumfragen oder mehr persönliche Gespräche helfen. Es gibt definitiv einige Stellschrauben, an denen man drehen kann - Geld ist nicht alles, auch wenn es in dem Beruf mehr sein könnte. Aber letztlich muss der Beruf auch Spaß machen.