Jetzt geht der niederländische Omnibus-Hersteller VDL mit seiner neuen Elektrobus-Generation in die Offensive. Die neuen Citea-Stadtbusse werden nur noch elektrisch angetrieben, ihre Leichtbau-Konstruktion soll die Effizienz der Elektrofahrzeuge beträchtlich erhöhen.
Eigentlich wollten die Niederländer ihre Newcomer ja auf der Busworld 2021 in Brüssel präsentieren. Na klar, der neue Citea wäre sicher einer der Stars der Omnibusmesse gewesen. Aus bekannten Gründen wurde daraus nicht, die Neuvorstellung erfolgt jetzt digital, dem internationalen Trend folgend. Deshalb haben wir für Sie, liebe Leserinnen und Leser, hier die wichtigsten Informationen zusammengestellt.
VDL-Elektrobusse sind ja keine Exoten mehr, sie haben sich mit beachtlichen Qualitäten in zahlreichen Märkten einen guten Ruf erworben. Davon profitiert jetzt die neue Citea-Baureihe, für die VDL schon die ersten Aufträge meldet. 32 neue Citeas für Eindhoven, die finnische Stadt Lahti möchte mit dem ersten neuen Citea an den Start gehen. Als „European Green Capital 2021“, die Kommune 100 Kilometer nördlich der Hauptstadt Helsinki darf in diesem Jahr den Titel tragen.
Batterien in der Bodenstruktur
„Der fortschrittlichste Elektrobus fährt Lahtis öffentlichem Nahverkehr“, erklärt Michael Andersson, der technische Direktor des Betreibers Koiviston Auto Group. Ein großes Kompliment an den Hersteller, was steckt dahinter? An der neuen Optik gibt es wenig auszusetzen. Klassisch konservativ, die zeitlose Linienführung dürfte vielen Betrachtern gefallen. Die Proportionen stimmen, auf die üblichen hohen Dachaufbauten können die Niederländer bei ihren neuen Elektrobussen verzichten. Denn das Batterie-Standardpaket steckt in der Bodenstruktur, diese Konzeption senkt den Fahrzeugschwerpunkt und soll die Fahreigenschaften ganz erheblich begünstigen. Ein wesentlicher Vorteil wird im Innenraum sichtbar: Kein Motor- oder Kühlturm im Heck, wie die Bilder zeigen, ist der Boden eben und selbst im Heck nicht zerklüftet.
Bei den Energiespeichern dürften handelsübliche NMC-Batterien (Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt) den Vorzug erhalten. Allein schon wegen der hohen Energiedichte und ihrer Schnellladefähigkeit, der Zweiachser kann mit Kapazitäten bis zu 490 Kilowattstunden (kWh) bestückt werden. Für den Regionalverkehr beispielsweise, der Hersteller spricht von Reichweiten bis zu 600 Kilometern. Für den Citea-Gelenkbus soll es Batteriepakete mit 670 kWh geben, damit wären die Großraumfahrzeuge problemlos im städtischen Mehrschicht-Betrieb einsetzbar.
Doppelverglasung serienmäßig
Ein weiteres Marken-Merkmal, der Leichtbau, wird mit der neuen Citea-Generation auf die Spitze getrieben. Neben der Dachpartie, Front und Heck werden jetzt die Seitenwände aus Verbundwerkstoff gefertigt und in einem Stück montiert. Sie sollen 15 Prozent leichter sein, die leichte Konstruktion macht Doppelverglasung als Standard möglich. Und so dürften die neuen Citea-Busse noch leiser ausfallen als die bisherige Generation, die uns hier nie Anlass zu Kritik geboten hatte.
Was man natürlich auch wissen soll: Die neue Citea-Generation sieht vier Längenvarianten und fünf verschiedene Typen vor. Stark im Fokus steht natürlich der 12,2 Meter lange Zweiachser, den es als niederflurigen Stadtbus oder als Low-Entry geben soll. Die 13,5-Meter-Variante rollt auf zwei Achsen, der Low-Entry kann es in punkto Sitzplatz-Kapazität mit längeren Dreiachsern aufnehmen. Maximalist im Regionalverkehr ist ein 14,9 Meter langer Citea-Dreiachser, im Stadtverkehr ein 18,1-Meter-Gelenkzug, der ausschließlich komplett niederflurig konzipiert ist.
Jetzt mit ZF-Elektroachsen
Hier hatten sich die Niederländer mit den Siemens-Zentralmotoren bisher einen Einheitsantrieb für alle ihre Elektrobusse verordnet. Nicht mehr bei der neuen Citea-Generation: Die Niederflur-Fahrzeuge werden zugunsten einer freien Raumgestaltung von ZF-Elektroachsen angetrieben, so kann auf Bodenpodeste verzichtet werden. Den Citea-Gelenkzug treibt wie bisher die zweite Achse an, vorstellbar wären für schwere Topografien auch zwei Antriebsachsen. Für die Low-Entry-Busse sind Zentralmotoren vom Haus- und Hoflieferanten ZF vorgesehen, der auch sämtliche Vorder- und Hinterachsen beisteuert.
Natürlich haben die VDL-Techniker dem Kapitel Heizung, Lüftung und Klimatisierung viel Aufmerksamkeit geschenkt. Mit einem neuen Energiemanagement, das mit intelligenter Software den Energieverbrauch zügeln soll. Schließlich soll allein der serienmäßige Einsatz von Doppelverglasung 10 Prozent Energie einsparen. Im neuen Citea soll es mehrere Klimazonen geben. Der Fahrer besitzt seine eigene Zone mit spezieller Heizung und Klimatisierung, er kann die gewünschte Temperatur zwischen 17 und 27 Grad Celsius wählen. Der Fahrgastraum wird zu 60 Prozent aus der Bodenzone beheizt und von oben gekühlt. Die nötige Wärme- und Kälteleistung wird von einer Wärmepumpe erbracht, wie man hört, soll sie vom Hersteller Aurora stammen. Da könnte auch die neueste Entwicklung von Aurora zum Einsatz kommen, die mit dem Medium Propan arbeitet. Insgesamt, so hört man von VDL, sollen 25 Prozent weniger Energie verbraucht werden. Die auf die Konten Gewichtsreduzierung, Aerodynamik, Klimatisierung, Antriebsstrang und intelligente Steuerung gehen.
Endlich bessere Pedale
Gute Nachrichten auch für Fahrerinnen und Fahrer: Die VDL-Entwickler spendieren dem neuen Citea ein neues Cockpit mit verbesserter Sitzposition, einem größeren Verstellbereich der Lenksäule und ein neues digitales Armaturenbrett. Den Abbildungen nach handelt es sich um das neue Continental-Cockpit mit Bediensatelliten. Und endlich erhält der Citea eine Pedalerie, die er längst verdient – mit hängenden Pedalen.
Die neue Citea-Generation wird übrigens im neuen CO2-neutralen Werk Roeselare gebaut, im Herbst dieses Jahres soll die erste Bauphase anlaufen. Auch im Werk Valkenswaard sollen Elektrobusse produziert werden, dafür wurde eine Halle mit Fertigungslinie eingerichtet. Die Niederlassung Heerenveen sich 2022 aus dem Produktionsverbund verabschieden, hier sollen künftig Module für den Bausektor gefertigt werden. VDL Bus & Coach stellt sich neu auf, hin zu Mehrprodukt-Werken, das Fertigungsportfolio wird erweitert. Bleibt letztlich festzuhalten: VDL produziert auch künftig seine Omnibusse in Westeuropa, das Geschäftsmodell hat Zukunft.