Jetzt mischt auch der französische Eisenbahnkonzern Alstom auf dem Markt der Elektrobusse mit. Ein sehr eigenwilliges Konzept, es heißt Aptis und kann mit einem neuen automatischen Ladesystem geliefert werden. Wir erinnern uns noch genau. Zur Busworld 2017, damals noch in Kortrijk, kurvte viel beachtet ein sehr eigenwilliger Linienomnibus fast flüsterleise rund ums Messegelände. Mit extrem langem Radstand und riesiger Singlebereifung (385/65 R 22,5) an beiden Achsen – aber mit einem bemerkenswerten Fahrgastraum, großen Seitenfenstern und völlig podestlosem Innenboden. Mittlerweile hat der Hersteller erste Kundenaufträge eingefahren, natürlich zuerst in Frankreich, in Paris und Straßburg. Aufträge für mehr als 250 Einheiten, der Einstieg ins Omnibusgeschäft ist für die Omnibusdivision von Alstom so gut wie abgehakt. Mit einem mutigen Solitär-Konzept, das sich bislang kaum nahtlos in einen Fuhrpark integrieren lässt.
Omnibus aus dem Tram-Baukasten
Warum Alstom sich gerade im Elektrobus-Segment engagiert, ist auch schnell erklärt. Schließlich gibt es eine Marktsituation, die nicht nur in Europa eine stetig wachsende Nachfrage verspricht. Und der Hersteller Alstom kann sich eines wohlgefüllten Baukastens bedienen: Aus dem Straßenbahnrohbau stammen der Plafond, die Bodengruppe, die Türen und die Fenster. Auch der elektrische Zentralmotor und ein Gutteil der Hochvolttechnik sind Alstom-Komponenten, selbst Heizung und Klimatisierung wird mit eigenen Bauteilen realisiert.
So eigenwillig einem das Konzept auch vorkommt, an der Haltestelle gibt erst mal gute Noten. Verblüffend praktisch ist jedenfalls der Einstieg für die Fahrgäste. Das Fahrzeug steht schnurgerade knapp an der Randsteinkante, drei 1,30 Meter breite Schwingschiebetüre erleichtern den Zutritt.
Im Krebsgang in die Haltestelle
Aber wie genau schafft es der Aptis-Fahrer, so präzise an die Haltestelle zu manövrieren? Er hat es nicht so schwer wie vermutet, er kann einen Parkassistenten aktivieren. Der Fahrer steuert mit zwei lenkbaren Achsen, die den Nachteil des ultralangen Radstands weitgehend kaschieren. Und wenn er vorn die Haltestellenkante erreicht hat, richtet der Parkassi die Hinterräder von bisher geläufig auf dann parallel zu den Vorderrädern aus und drückt das Hinterteil in die Bucht. Keine Sorge, der Aptis fährt auch präzise geradeaus, aber im Innenraum nicht sonderlich leise. Die Antriebsleistung von bis zu 180 Kilowatt sollte für den nicht allzu schweren Stadtliniendienst reichen, die maximale Beschleunigung beziffert der Hersteller mit 1,2 m/s². Ein luftgekühlter Zentralmotor treibt die Hinterachse an, der von NMC-Batterien (von Forsee Power) auf dem Dach gespeist wird.
Bis zu 200 Kilometer Reichweite versprechen die Alstom-Techniker, der Kunde kann acht, neun oder zehn Forsee-Batteriemodule ordern. Die werden über Nacht im Depot per CCS-Stecker innerhalb vier Stunden geladen, optional können die Batterien auch zwischendurch schnell nachgeladen werden. Und hier legen die Franzosen mit ihrem neuen SRS-Ladesystem jetzt nach.
Automatisch per SRS laden
Dass der Elektrobus-Kunde letztlich immer automatisierte Ladevorgänge bevorzugen wird, weiß jeder, der einen solchen schon mal selbst vorgenommen hat. Alstom setzt auf ein bodenbasiertes System, das aber konduktiv arbeitet und den Omnibus in wenigen Minuten wieder betriebsfähig aufladen. Es soll vor allem an städtischen OppCharging-Stationen (an Haltestellen) störende Oberleitungen und Masten überflüssig machen. Die Technik basiert auf den SRS- und APS-Systemen für Straßenbahnen, die im fahrdrahtlosen Betrieb in 12 Städten weltweit mehr als 40 Millionen Kilometer zurückgelegt haben. Das System kann sich ohne große Veränderung der Entwicklung der Batterietechnologie anpassen, mögliche Ladeleistungen sind in einer Spannweite von 50 bis 800 Kilowatt möglich. Und völlig gefahrlos für Passanten und die Umwelt, sagen die Techniker. Das Ladegerät überträgt erst dann, wenn der Omnibusfahrer die Ladeschuhe auf die Bodenpole setzt.