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1000km Test: VDL Futura

Neue innere Qualitäten: Der modellgepflegte „Next“-Futura überzeugt mit ausgeprägten wirtschaftlichen Qualitäten.

Der Futura-Hochdecker geht jetzt modellgepflegt an den Start. In der Hauptsache ist es der modernisierte Antriebsstrang, der Kraftstoff sparen soll. Unser 13-Meter-Zweiachser steht mit 450 PS gut im Futter, wir gehen kurzentschlossen über die 1.000-Kilometer-Testdistanz.

Unbeteiligte Betrachter sehen keinen Unterschied, die plakativen Werbebotschaften sprechen allerdings von einem „New Futura“. Das macht uns neugierig auf die inneren Werte, die sich unter dem bewährten Blechkleid verstecken. Seine Premiere hat der damals neue Futura vor neun Jahren gefeiert, mittlerweile bevölkern mehr als 3.500 Einheiten Europas Straßen. Anfangs gingen nur Hochdecker in den volumenstärksten Längen an den Start, mittlerweile hat sich daraus ein ganzes Sortiment entwickelt. Vom 10,6 Meter langen Reisemidi bis zum 14,8-Meter-Dreiachser, vom Hochboden-Reisebus bis zum Doppeldecker. Inklusive einiger Spezial-Modelle – wie beispielsweise den 13,5 Meter langen Zweiachser, den es so nur bei den Niederländern gibt. Unser Testkandidat ist eher von gewöhnlicher Statur, so sagen jedenfalls unsere Testbegleiter. Der zweiachsige Hochdecker mit 12,9 Meter Länge genießt bei VDL mittlerweile mehr Nachfrage und Aufmerksamkeit als das klassische 12-Meter-Format. Die Zahlen sind eindeutig: Rund 62 Prozent der letzten 1.000 verkauften Futuras wurden mit dieser Länge ausgeliefert.

Markantes Heck mit Kamera an der Abrisskante: Seitlich große Radien, alle Lichter werden LED-Technik ausgeführt.

Leichter als der Futura

Bei den Niederländern löst der 13-Meter-Zweiachser den 12-Meter-Reisebus als Universal-Fahrzeug ab. Grundsätzlich spricht auch viel für´s längere Modell: Mehr Sitze bringen im Fernliniengeschäft mehr Umsatz – oder mehr Komfort für die Fahrgäste, wenn sich die 48 Sitze auf mehr Innenlänge verteilen. Auch die verfügbare Nutzlast ist kein Knappheitsfaktor mehr, Zweiachser dürfen in Europa bis zu 19,5 Tonnen wiegen. Unser Testkandidat ist laut Hersteller für 19.250 Kilogramm zugelassen, allerdings mit 12 Tonnen Hinterachslast, hierzulande sind es 500 Kilo zu viel für die Antriebsachse. Dennoch passt die Gewichtsbilanz auf der Waage: Voll ausgelastet mit 48 Fahrgästen, in unserem Fall sind es Wasserpuppen und Sandsäcke, wiegt der Test-Futura 18.750 Kilo. Mit seinem Leergewicht inklusive 830 Liter Kraftstoff toppt er die meisten Wettbewerber, auch den neuen Mercedes Tourismo. Die Niederländer haben ihrem „Next“-Futura zuletzt noch eine Gewichtsdiät verordnet. 100 Kilogramm weniger Eigengewicht, sagen die Techniker. 50 Kilo gehen auf das Konto der kompakten Abgasbox, 20 Kilo addieren sich durch das leichtere Traxon-Getriebe dazu. Auch den Rest sammelten die Entwickler hinter der Antriebsachse ein und weisen auf die verbesserte Gewichtsverteilung hin. 

Im Heck sitz sitzt das Kernstück der Modellpflege. Der MX11-Sechszylinder von DAF wurde ja zuletzt gründlich weiterentwickelt, rundum mit mehr Verdichtung und optimiertem Lufteinlass, neuer Kühlung und bedarfsgerechter Steuerung der Nebenaggregate. Der moderne Doppelnockenwellen-Diesel hat nun statt 435 jetzt 449 PS und noch wichtiger: Jetzt stemmt er fühlbar 200 Newtonmeter mehr (maximal 2.300 Nm) Drehmoment und schon bei 900 Touren auf die Kurbelwelle, die volle Nennleistung steht bereits bei 1.600 Umdrehungen abrufbereit. Die Weiterverarbeitung übernimmt ein jetzt breiter gespreiztes Traxon-Getriebe mit 12 Gängen, dazu reichen die Niederländer eine lange ZF-Antriebsachse, die das Drehzahlniveau um 100 Umdrehungen senken soll. Ein Antriebsmenü für sparsame Kraftstoffverbräuche, vielleicht sogar für Rekordwerte – nur das windige Wetter an den Testtagen meint es nicht so gut mit unserem Vorhaben.

Mehrwert-Modell: Mehr Sitze oder mehr Komfort, der Hersteller denkt über eine Hecktür-Variante nach.

Flink um die Ecken

Obwohl der Futura schon recht stattlich auftritt, bleibt er mit 3,7 Meter Höhe doch moderat und passt durch viele Brücken und Tunnels. Für Transfers nicht unerheblich: Der lange Radstand bietet wie gehabt üppige Kofferraumverhältnisse, die parallel öffnenden Klappen gute Belademöglichkeiten. Und ehrlich, der längere Radstand (mit 6,8 Meter nicht rekordverdächtig) hat uns in der Stadt nur wenig behindert. Zumal der Futura mit seinem 60-Grad-Maximaleinschlagwinkel fast flink um die Ecken zirkelt, wenn es gefordert wird. Der Fahrer schätzt die sehr gute Übersicht am Arbeitsplatz, nur die Außenspiegel hängen etwas zu hoch. Wenn wir uns etwas wünschen dürften, dann vielleicht einen größeren Verstellbereich fürs fein belederte Lenkrad. Gut würde dem Futura auch ein hängendes Bremspedal stehen, das gäbe es jetzt beim Haus- und Hoflieferanten DAF in vorzüglicher Qualität.

Die Fahrgäste werden mit dem Next Futura wie gehabt recht ordentlich bedient. Vorbildliche Einstiege und der breite Mittelgang erleichtern das zügige Ein- und Aussteigen bei Stadtrundfahrten, das Absenken des Fahrwerks hilft gerade älteren Fahrgästen beim ersten Schritt nach oben. Sachlich schlicht und eher pflegeleicht als opulent ist der Innenraum des Futura. Auf Langstrecken unterwegs zählt zuerst der Sitzkomfort. Der Freiraum für die Beine passt gut, aber die 48 Class 300-Sitze verwöhnen nicht gerade mit Plüsch und Polstern - die eher robusten Stühle sind auch nicht mit verstellbaren Kopfstützen konfektioniert. Hierzu gibt es bestellbare Alternativen, nicht aber zur Dachklimaanlage. Zu den Spitzenperformern gehört sie nicht, im Fahrzeug ist es vorn wärmer als hinten. Man spürt den Zug der Luftbewegung deutlich, so mancher Wettbewerber ist hier besser bestückt. Das gilt auch für die enge und schlecht zugängliche Bordtoilette, die gerade noch akzeptabel ist. Bei VDL wird derzeit um die Einführung einer Hecktür gerungen, es soll auch eine neue Toilette im Heck geben.

Die wesentlichen Neuerungen: MX11-Motor mit mehr Leistung und Drehmoment, neues Traxon-Getriebe.

Alles wie bisher?

Schon auf den ersten Metern das erste Aha-Erlebnis - der einst halbstarke MX11 zieht bei Bedarf wie ein Büffel und harmoniert omnibusfein mit der automatisierten Traxon-Schaltbox. Der Anfahrgang sitzt immer perfekt, die Gangstufen werden virtuos und meist unmerklich sortiert. Keine Schaltstöße unter Volllast, an Steigungen wird kaum Schwung eingebüßt. Wer viel im Nahverkehr fährt, könnte auch die Ecolife-Wandlerautomatik in Betracht ziehen – die beherrscht den Job rund um den Kirchturm noch besser und soll obendrein noch Kraftstoff sparen. Die Dauerbremse mit Retarder und DEB-Motorbremse (= DAF Engine Brake), zuletzt noch ein Kritikpunkt, versieht ihren Job völlig unauffällig – was ja eigentlich ein Kompliment ist. 

Das bevorzugte Revier des längeren Zweiachsers sind jedoch die großen Distanzen. Schon deshalb, weil er exzellent geradeaus läuft – eine Konsequenz des langen Radstands. Hohe Geschwindigkeiten auf der Autobahn? Da lässt sich der Futura nicht lange bitten. Der erzielte Schnitt von 95,55 km/h über 700 Kilometer Autobahn – inklusive aller Baustellen und Langsamfahrstrecken – spricht Bände. Tempoverluste egalisiert der sehr kultivierte MX-Sechszylinder mit der großen Gelassenheit eines souveränen Omnibusmotors. Dabei reichen ihm 1.090 Touren im langen zwölften Gang, die den Antrieb und die Fahrgastnerven schonen – und natürlich die Kraftstoffkosten senken. Etwas mehr als 20 Liter verbrennt der agile Reihensechser auf großer Fahrt, bei wärmeren Temperaturen und weniger Wind hätten wir wohl die 20er-Marke geknackt. Einen sehr positiven Eindruck hinterlässt der PPC-Tempomat (Predictive Powertrain Control), den man optional dazu ordern muss. Der Tempomat wird mit GPS-Daten gefüttert, schaltet bei leichten Bergab-Passagen in die Neutralstellung des Getriebes und nimmt auch schon vor der Kuppe voraussehend das Gas weg. Das klappt hervorragend, auch wenn es nur zwei Einstellungen für die Hysterese gibt: minus 5 oder 10 km/h, plus 2 km/h für Überschwinger, die schnell wieder weggebremst werden, um keinen Eintrag auf der Fahrerkarte zu riskieren. Der Futura kann auch bei manueller Fahrt segeln, die GPS-Daten werden generell für jede Schaltung zum Abgleich genutzt – das kann der Niederländer besser als der Konkurrent mit Stern. Die Fahrgäste bekommen – gut so - von all dem Treiben im Heck wenig mit. Erstaunlich: Unsere Messungen bestätigen den subjektiven Eindruck, im Heck ist der Futura leiser als im Bug. Vorn um Bug und Spiegel tost der Wind, für den der Futura aber nichts kann. 

Sachlich schlichter Innenraum: Ebener Boden, 48 VDL Class 300-Sitze mit guter Beinfreiheit.

Knapp kalkuliert

Grundsätzlich ist der Futura aber ein bequemes Reisefahrzeug, das schließt auch die Fahrzeugfederung mit ein. Der Hochdecker ist eher straff als sänftenweich, die Fahrwerkauslegung mit Stabilisator nur an der Hinterachse ist fahraktiv und weniger untersteuernd. Die Vorderachse rollt etwas hölzern ab, der Fahrer spürt die Fahrbahnstöße auch in der Lenkung. Vielleicht ein Fall für variable Dämpfer, „nice to have“ sagen die Niederländer, die hier lieber sparen. Auch bei der Sicherheitsausstattung beschränkt sich der Hersteller auf das Paket, das der Gesetzgeber vorschreibt. Der Futura hat den Notbremsassistenten AEBS (von Wabco) an Bord, der ausschließlich mit Radarsensoren detektiert, den Spurverlassenswarner und aus der Optionsliste den ACC-Abstandstempomaten. Ein Abbiegeassistent, ein passives Sicherungssystem gegen Frontalunfälle – Fehlanzeige. Sympathiepunkte verdient der Futura mit seinem LED-Lichtpaket, nicht nur innen und mit Heckleuchten, sondern auch mit LED-Scheinwerfern, die nachts prima ausleuchten. 

Unsere Meinung

Unser Testkandidat ist für 270.000 Euro zu haben, damit zählt er zur knapp kalkulierten Gilde der Business-Klasse. Rotstiftspezialisten ordern ihn noch günstiger mit weniger Extras, die die Optionsliste bereithält. Aber auch so komplett, wie der Futura vor uns steht, kann er scharf rechnende Kunden überzeugen. Nicht mit Hochglanz, sondern sachlich, und mit einem fabelhaften Antrieb. Der nur mit dem Kraftstoff knausert, aber mit hervorragenden Fahrleistungen glänzt. Mit 830 Liter Diesel kommt der Futura weit, er muss auch nur selten in die Werkstatt – die Wartungsintervalle lassen sich auf 200.000 Kilometer verlängern, der Hersteller gewährt neuerdings drei Jahre Gewährleistung. Wer allerdings auf maximale Sicherheit achtet, muss sich woanders umschauen.